Daniel Loick, Associate Professor for Political and Social Philosophy in Amsterdam mit deutschen Wurzeln, lebt und arbeitet derzeit in New York. Er zählt zu den Gegenwarts-Philosophen, die sich intensiv mit dem Thema „Freiheit“ auseinandersetzen – ein Thema, das in diesen Tagen wohl kaum aktueller sein könnte.
Vielleicht auch deshalb waren die Schülerinnen und Schüler des Philosophiekurses der Q2 am Gymnasium Netphen bei ihrer Suche nach zeitgenössischen Philosophen, mit deren Gedanken und Texten man sich auseinandersetzen und mit denen man anschließend in einen direkten Austausch darüber treten könnte, auf ihn und seine Arbeiten aufmerksam geworden. Motor der von den Lernenden selbst ausgehenden Initiative war die Erfahrung, dass philosophische Texte den Leser nicht selten allein lassen und eine Chance, direkte Fragen zu stellen, meist fehlt.
Auf Vorschlag ihrer Schülerschaft stellte die gut vernetzte Kurslehrerin den Kontakt zu Daniel Loick her und so konnte im Rahmen einer Unterrichtsreihe zur Staatsphilosophie und zur Politischen Philosophie eine Zusammenarbeit angebahnt werden.
Im ersten Schritt bereiteten die angehenden Abiturientinnen und Abiturienten, unterstützt von Kurslehrerin Rosemarie Junker und Studienreferendarin Maria Severin, einen Auszug aus Daniel Loicks aktuellem Buch zum Thema Freiheit vor; der Text wurde im Unterricht erarbeitet und anschließend die aus dieser Beschäftigung erwachsenen Fragen an den Autor und seinen Text gesammelt – auch und gerade mit einem Fokus auf die aktuelle politische Situation in Europa.
Und dann konnten die Schülerinnen und Schüler ihre Souveränität im Umgang mit digitalen Medien beweisen: Sie entwickelten die Idee einer videogestützten Diskussionsrunde mit dem Philosophen in New York, basierend auf der in der Schule genutzten digitalen Lernplattform. Und sie setzten das Konzept eigenverantwortlich in die Tat um: Unter der gut vorbereiteten Moderation von Abiturientin Pia Engel diskutierten die Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer aus Netphen jetzt mit dem Denker im „Big Apple“ auf der anderen Seite des Atlantiks, tauschten sich intensiv über dessen Begriff einer sogenannten „positiven Freiheit“ aus und erörterten die sich ihnen dabei stellenden Fragen. Dabei ging es vor allem um „negative Freiheit“, der dazu konträr zu denkenden sogenannten „positiven Freiheit“ und schließlich um das von Loick auf diesem Gegensatz aufbauend formulierte Konzept der „Ästhetischen Freiheit“.
Mit Interesse verfolgten auch die eigens angereisten Teilnehmer des Fachseminars Philosophie vom Siegener Zentrum für Schulpraktische Lehrerbildung gemeinsam mit Fachleiter Martin Braun die Diskussion, galt es für die angehenden Lehrerinnen und Lehrer doch hier, am Beispiel eines außergewöhnlichen didaktischen Konzeptes zu lernen.
Mit ihrer Initiative zeigten die baldigen Absolventinnen und Absolventen des Gymnasiums recht eindrucksvoll, dass sie ihre Freiheit zu schätzen und konstruktiv zu nutzen wissen, wobei Reflexion, Bildung und Austausch auch über Grenzen hinweg für sie eine zentrale Rolle spielen – und das auch dann, wenn es sich nicht um Prüfungsfächer im Abitur handelt.